Ostern braucht Zeit….

Gerne erinnere ich mich gerade in den letzten beiden Jahren, an denen es während der Kar- und Osterfeiertage keine Präsenzliturgie gab, daran, wie zeitintensiv ich diese Tage immer begangen habe, Schritt für Schritt.

Da war am Abend des Gründonnerstags das Gedächtnis des letzten Abendmahles, anschließend die gemeinsame Agape im Gemeindeheim und die Komplet zu mitternächtlicher Stunde in der Kirche, das von Jesus eingeforderte Wachen und Beten. Dem Gründonnerstag schloss sich der Karfreitag an mit seiner fassungslosen Stille, ohne Orgel, ohne Eucharistie. Die Auferstehungsfeier vom Exhultet, über die vielen Lesungen bis zum Osterevangellium ließ langsame Freude aufkommen und mündete im lauten Jubel des Schlussliedes „Das Grab ist leer, der Held erwacht“.

Und zum Ostermontag gehört die Emmausgeschichte, jenem Text, der so eindrucksvoll beschreibt, wie lange die Jünger brauchen, bis sie das Unbegreifliche der Auferstehung wirklich begreifen, nämlich 60 Stadien lang.

Ja, Ostern braucht Zeit, das nahe Beieinander von Tod und Leben, von Verzweiflung und Euphorie, muss langsam verstanden, vielleicht sogar „erarbeitet“ werden.

Wir kennen das auch unserem eigenen Alltagsleben: Ein Zustand, ein Ereignis, was uns schockiert und vielleicht sogar traumatisiert, kehrt sich um, löst sich in Wohlgefallen auf. Nein, wir brechen nicht in schallendem Jubel aus, sondern sind erst einmal fassungslos, und ganz langsam bricht sich die Erkenntnis die Bahn: Es ist vorbei!

In den Ostergeschichten und nachösterlichen Erzählungen finden wir auch bei den Jüngern die ganze Bandbreite dieser beschriebenen Reaktion. Da ist Thomas, für den diese Erkenntnis erst fassbar und greifbar sein muss oder mit unseren heutigen Worten: Er will es schwarz auf weiss sehen. Da ist die Szene aus dem Johannesevangelium (Joh 21,1 -14), als Jesus den Jüngern bei der vertrauten Fischerszene am See Genezareth erscheint und sie ihn nicht erkennen, sprachlos, in der Person des Petrus fast entsetzt wirken (Joh 21,7). Ja,und eben jene Jünger, die uns in der Emmausgeschichte begegnen (Lk 24,13 -35). Sie wirken niedergeschlagen und depressiv, versuchen im Gespräch miteinander das Erlebte zu verarbeiten. Der Botschaft der Frauen von der Auferstehung Jesu haben sie keinen rechten Glauben geschenkt.  Die Dauer des Evangeliums über den 60 Stadien langen Weg, der intensiven Diskussion mit dem unerkannten Jesus und das feierliche Mahl verdeutlichen auf wunderbare Weise diesen Prozess des Begreifens: Wir gehen mit den Jüngern von der Verzweiflung in die zaghafte Hoffnung bis zum Begreifen und Verstehen.

Ja, ich habe sie vermisst, die Präsenzliturgie, die einzelnen Schritte zum Ostererleben, kein noch so gutes digitales Angebot konnte mir das ersetzen. Aber die Zeit, Ostern auf mich wirken zu lassen, habe ich vielleicht gerade in dieser Phase des reduzierten Lebens, die mir Möglichkeiten des Nachdenkens und der Reflektion schenkt.

Und vielleicht wird uns auch ein solches „Emmaus-Erlebnis“ geschenkt, dass wir nach Phasen der Verzweiflung , nach zaghaftem Hoffen irgendwann erleichtert aufatmen und dann jubelnd begreifen: „Es ist vorbei“.

Durch diese Hoffnung begleitet uns ein Lied, das wir immer am zweiten Ostertag zur Emmausgeschichte singen:

 

 

 

Bleibe bei uns, du Wandrer durch die Zeit!
Schon sinkt die Welt in Nacht und Dunkelheit.
Geh nicht vorüber, kehre bei uns ein.
Sei unser Gast und teile Brot und Wein.

Weit war der Weg. Wir flohen fort vom Kreuz.
Doch du, Verlorner, führtest uns bereits.
Brennt nicht in uns ein Feuer, wenn du sprichst?
Zeige dich, wenn du nun das Brot uns brichst.

(Gotteslob 325)

Bild und Texte: Barbara Reene-Spillmann, KAB Essen

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